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  • AutorenbildTristan Leiter

Wie gewinnt man ein Börsenspiel?

Aktualisiert: 16. Nov. 2023

Die Zeitung «Finanz- und Wirtschaft» (FuW) hat Mitte Oktober 2023 ein Börsenspiel lanciert, welches über zwei Monate läuft. Gewinner ist, wer nach zwei Monaten die höchste Rendite erzielt hat. Es gibt auch «Zwischenpreise» für die beste Wochenperformance. In dem Börsenspiel können Titel aus einem Anlageuniversum von 145 Schweizer Aktien gewählt werden. Diese wurden von der FuW neun Sektoren zugeordnet. Per 24. Oktober beteiligten sich 14’156 Spieler. Darunter sind auch prominente «Botschafter» wie zum Beispiel Thorsten Hens, Antoinette Hunziker-Ebneter, Marc Bürki und Ramon Zenhäusern.

Es ist allgemein bekannt, wie auch von der FuW erwähnt, dass es sinnvoll ist, ein diversifiziertes Portfolio mit Aktien aus verschiedenen Sektoren zu halten. Wir haben uns die Frage gestellt, ob ein diversifiziertes Portfolio tatsächlich ein Börsenspiel gewinnen kann. Dafür ist es wichtig, zuvor auf die Regeln des FuW-Börsenspiels einzugehen:

  • Das Anlageuniversum beinhaltet 145 an der Schweizer Börse kotierte Unternehmen mit einem minimalen Börsenwert von Mio. 400 CHF.

  • Es müssen mindestens 5 Aktien im Portfolio gehalten werden.

  • Das maximale Gewicht eines Titels ist auf 25% begrenzt.

  • Verluste sind rein fiktiv. Sie haben keine Konsequenz auf das «reale» Leben.

  • Der Anlagehorizont ist (sehr) kurz.

  • Es gibt keine Handelskosten.

Basierend auf diesem Reglement haben wir Monte-Carlo Simulationen [1] durchgeführt, um herauszufinden, welche Gemeinsamkeiten die «besten» Portfolios haben:

Voll investierte Portfolios. Es ist empfehlenswert vollständig investiert zu sein. Das Halten von Cash bringt keinen Vorteil. Die gewichtete durchschnittliche Rendite eines Portfolios mit hohem Cash-Anteil ist niedriger als eines voll investierten Portfolios. Nur wenn die Marktrendite stark negativ ist, führt ein hoher Cash-Anteil zu einer relativen Outperformance (wie zum Beispiel am Ende der 1. Woche des FuW-Börsenspiels).

Möglichst viel Risiko. Im «realen» Leben streben Investoren nach einer möglichst hohen Rendite unter Beachtung eines vernünftigen Risikos. Verluste in einem Börsenspiel sind jedoch rein fiktiv, das heisst, sie haben keine Auswirkungen auf das private Vermögen. Gewinnambitionierte Teilnehmer sollten versuchen, Titel zu wählen, die eine möglichst hohe Volatilität (Schwankungsspanne) aufweisen. Die Ergebnisse der Analyse bestätigen diese Annahme. Ein Portfolio aus 5 Aktien hat ein deutlich grössere Schwankungsbreite als ein Portfolio mit 20 Aktien (vgl. Grafik 1). Mehr Schwankungsbreite (d.h. eine grössere Abweichung von dem Durchschnitt) bedeutet mehr Risiko, da das Ergebnis unsicherer wird. Hat man also ein diversifiziertes Portfolio, wird man an oder nahe der blauen Linie sein. Zu den Verlierern wird man nicht gehören – aber leider befindet man sich auch nicht im Spitzenfeld. Das «Wetten» auf Extremereignisse hingegen maximiert die Gewinnwahrscheinlichkeit. Gleichzeitig erhöht es auch die Wahrscheinlichkeit, schlecht abzuschneiden. In diesem Fall kann ich mich in der Grafik also deutlich über oder unter der blauen Linie befinden.


Grafik 1: Monte-Carlo Simulation von 2000 Portfolios mit 5 respektive 20 Aktien

Quelle: Hinder Asset Management AG


Da sich Börsenspiele meistens finanziell nur dann lohnen, wenn man die beste Rendite aufweist («the winner takes it all»), bringt die «Spielfeldmitte» keinen Vorteil für gewinnbewusste Teilnehmer. Nur mit viel Risiko kann ich also den oberen Teil des grauen Bereichs erreichen und das Spiel gewinnen.


Sektorkonzentration. Aktien innerhalb eines Sektors haben meist ein ähnliches Unternehmensmodell respektive ähnliche Eigenschaften, welche die Entwicklung ihres Aktienkurses bestimmen. Dadurch weisen sie zueinander eine höhere Korrelation auf als Aktien aus verschiedenen Wirtschaftssektoren. Im Gegensatz zum «realen» Leben (Stichwort: Diversifikation) sollte man in einem Börsenspiel Aktien auswählen, die stark miteinander korreliert sind. Dies kann entweder durch eine hohe Sektorkonzentration oder die Auswahl eines Anlagestyles (z.B. «Wachstum» oder «Small Caps») gelingen. In unserer Simulation weist das beste (zufällige) Sektor-Portfolio eine höhere Rendite auf als das beste zufällig gemischte Portfolio (vgl. Grafik 2). Der Fokus auf einen Sektor ist vor allem dann geboten, wenn, wie zum Beispiel in dem FuW-Börsenspiel, eine Mindestanzahl an Aktien ausgewählt werden muss respektive die maximale Gewichtung eines Titels beschränkt ist.


Grafik 2: Performance eines Portfolios mit zufälligen 5 Aktien vs. eines Portfolios mit zufälligen 5 Aktien innerhalb eines Sektors.

Quelle: Hinder Asset Management AG


Die zentrale Frage ist, ob jemand eine systematische Outperformance generieren kann (Stichwort: «Stock-Picking» Fähigkeit) [2] oder ob dies nur dem Zufall geschuldet ist. Wer nichts oder wenig weiss, tut gut daran, ein konzentriertes Portfolio zu wählen und zu hoffen, dass die Aktien aus dem «richtigen» Sektor stammen. Bedingt durch die grosse Teilnehmerzahl ist davon auszugehen, dass einige Teilnehmer rein zufällig den Markt übertreffen werden. Am Ende des FuW-Börsenspiels kann empirisch getestet werden, ob es einzelnen Teilnehmenden gelungen ist, systematisch Aktien auszuwählen, welche höhere Renditen generieren als der Marktdurchschnitt. Ohne eine tiefere Analyse kann zwischen Glück einiger Weniger und Fähigkeit allerdings nicht unterschieden werden. Denn, die Statistik besagt, dass es immer «Ausreisser» nach oben und unten gibt.


Abschliessend lässt sich festhalten, dass es nahezu ausgeschlossen ist, mit einem diversifizierten Portfolio die beste Rendite in einem (kurzfristigen) Börsenspiel zu erreichen. Wer also gewinnen möchte, sollte viel Risiko eingehen und auf stark korrelierte Titel setzen. Im nächsten Newsletter dieser Serie werden wir aufzeigen, wieso Diversifikation in der realen Anlagewelt entscheidend ist. Dabei fokussieren wir uns auf das «Indexing». Wir werden auch der Frage nachgehen, ob professionelle Fondsmanager eine systematische Outperformance generieren können.


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[1] Eine Monte-Carlo Simulation ist ein mathematisches Verfahren zur Schätzung von möglichen Ergebnissen unter Unsicherheit.

[2] «Stock-Picking» ist die Fähigkeit systematisch im Voraus zu identifizieren, welche Aktien sich überdurchschnittlich gut (oder schlecht) entwickeln.

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