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Gold im Faktencheck - Ist der Ruf als sicherer Hafen noch gerechtfertigt?

  • Autorenbild: Severin Kym
    Severin Kym
  • 29. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 5. Mai

In Zeiten geopolitischer Spannungen, hartnäckig hoher Inflationsraten und zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheit erlebt Gold ein eindrucksvolles Comeback. Das Edelmetall gilt seit Jahrzehnten als sicherer Hafen, doch erfüllt es diese Rolle auch heute noch als verlässlicher Schutz vor Krisen und Inflation?


Seit Mitte 2023 erleben wir einen neuen „Goldrausch“. Nach einer langen Seitwärtsbewegung des Goldpreises glänzte das Edelmetall plötzlich mit einem beeindruckenden Preisanstieg. Seit Anfang Oktober 2023 hat Gold eine Rendite von über 80 % erzielt, deutlich mehr als der weltweit diversifizierte Aktienindex MSCI-Welt, der im selben Zeitraum auf knapp 30 % kam.


Die jüngste Stärke von Gold kommt nicht von ungefähr. Die Finanzmärkte sind derzeit mit einer Vielzahl an Unsicherheitsfaktoren konfrontiert. Der andauernde Ukrainekrieg, ein möglicher geopolitischer Flächenbrand im Nahen Osten und eine zunehmend unberechenbare US-Politik. Die Kommunikation der Trump-Administration führt nahezu täglich zu neuen Unsicherheiten und sorgt für eine angespannte Stimmungslage an den Finanzmärkten Nach einem wirtschaftlich starken 2024 (US-BIP Wachstum +2,8%) ist die amerikanische Volkswirtschaft im 1. Quartal 2025 erstmals wieder um 0,3% geschrumpft.


In diesem Umfeld erlebt Gold eine Renaissance in seiner Rolle als sicherer Hafen. Für uns stellt sich nun die Frage, wie gerechtfertigt der Ruf von Gold als Inflationsschutz und Krisenabsicherung aus statistischer und ökonomischer Sicht tatsächlich ist.

Gold als Inflationsschutz

Um die Rolle von Gold als Inflationsschutz zu bewerten, lohnt sich ein Vergleich mit zwei weiteren «realen» Anlageklassen, dem populären Weltaktienindex MSCI--World und einem globalen Immobilienaktienindex. Sowohl Aktien wie auch Immobilien sind als solider Inflationsschutz bekannt. Wie die nachfolgende Grafik zeigt, können alle diese Anlageklassen die Inflation über lange Zeit kompensieren. Auf lange Sicht sind Aktien mit Abstand der beste Inflationsschutz. In der Praxis ist jedoch auch zu beachten, dass der Anlagehorizont eines Grossteils der Anleger deutlich kürzer ist als die in der Grafik dargestellten 35 Jahre.


Grafik 1: Entwicklung des Inflationsindex und verschiedener Anlageklassen seit 1990

Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management
Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management

Diese lange Betrachtungsperiode umfasst sowohl Zeiten stabiler Preise als auch ausgeprägter Inflationsschübe. Für unsere Analyse dient als Grundlage die jährliche US-Inflation, gemessen anhand des Verbraucherpreisindex (CPI YoY).

Die folgende Grafik zeigt, welche Zeiträume mit erhöhten Inflationsraten im Detail betrachtet wurden.


Grafik 2: Jährliche US Inflationsraten seit 1975 mit markierten Betrachtungsperioden

Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management
Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management

Als Kennzahl zur Beurteilung der Inflationsabsicherung wird die Korrelation zwischen der monatlichen US-Inflation und den monatlichen Renditen der jeweiligen Anlageklassen herangezogen. Eine möglichst hohe positive Korrelation deutet darauf hin, dass sich Inflation und Rendite im Gleichschritt bewegen, was ein wichtiges Indiz für einen funktionierenden Inflationsschutz ist.


Unsere Datenanalyse zeigt ein klares Bild. In jeder der analysierten Perioden weist Gold den besten Inflationsschutz auf. Dies lässt den Schluss zu, dass sich Gold in Phasen mit stark ansteigender Inflation als besserer Inflationsschutz im Vergleich zu Aktien oder Immobilien erweist. Die Analyse zeigt ausserdem, dass Gold vor allem in Zeiten von hohen Inflationsraten eine gute Anlage ist. Die folgende Grafik zeigt die Korrelationsmatrix für Zeiträume, in denen die jährliche US-Inflation 5% übersteigt.


Grafik 3: Korrelationsmatrix der Jährlichen US Inflation gegenüber Gold, globalen Aktien (MSCI World) und globalen Immobilienaktien

Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management
Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management

Gold erreicht als einzige der betrachteten Inflationsabsicherungen eine positive Korrelation. Trotzdem bleibt festzuhalten, dass Gold zwar den besten Inflationsschutz liefert, die Korrelation aber trotzdem verhältnismässig tief ist. Bei einer maximal möglichen Korrelation von 1 erreicht Gold in den betrachteten Perioden nur einmal einen Wert über 0.5 und liegt sonst meist im Bereich zwischen 0 und 0.2. Das verdeutlicht, wie schwer es ist, sich effektiv gegen Inflation abzusichern. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass ein Inflationsschutz im statistischen Sinne nicht bedeutet, dass eine Anlage während Inflationsphasen zwangsläufig an Wert gewinnt, sondern dass ihre Wertentwicklung die Inflationsrate möglichst gut widerspiegelt.

Gold als Krisenabsicherung

Aktienkrisen sind ein fester Bestandteil der historischen Entwicklung der Finanzmärkte. Eine Absicherung gegen solche Ereignisse erscheint daher sinnvoll. Eine effektive Absicherung sollte idealerweise eine geringe oder sogar negative Korrelation zu Aktien aufweisen, um negative Aktienrenditen ausgleichen zu können.


Grafik 4: Entwicklung von Gold und globalen Aktien (MSCI World) seit 1975 in logarithmischer Darstellung

Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management
Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management

Langfristig zeigt physisches Gold eine nahezu unabhängige Entwicklung im Vergleich zu Aktien, was es zu einem sinnvollen Stabilisator im Portfolio macht. Obwohl eine Korrelation von 0.13 rechnerisch positiv ist, weist sie lediglich auf einen sehr schwachen Richtungszusammenhang hin. Denn viele Aktien und andere Finanzinstrumente weisen unter normalen Marktbedingungen positive Korrelationen zwischen 0.5 und 0.9 auf.


Ähnlich wie bei der Inflationsanalyse werden auch hier einzelne Markteinbrüche genauer betrachtet. Die folgende Grafik zeigt die untersuchten Zeiträume.


Grafik 5: Indexierte Wertenwicklung globaler Aktien (MSCI World) seit 1975 mit markierten Betrachtungsperioden

Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management
Quelle: Bloomberg, Hinder Asset Management

Während der Phasen, in denen Aktien  über einen kurzen oder längeren Zeitraum stark an Wert verloren, erwies sich Gold als äusserst wirksame Absicherung. Die Korrelation zu Aktien war dabei entweder gering oder sogar negativ. Während der globalen Finanzkrise lag sie bei 0.04, während des Black Monday beziehungsweise der Dotcom-Blase fiel sie mit -0.12 und -0.09 sogar negativ aus.


Auch die jüngste Schwächephase am Markt im Jahr 2022, ausgelöst durch den Inflations- und Zinsanstieg, bestätigt die Krisenabsicherungseigenschaft von Gold. In diesem Zeitraum lag die Korrelation erneut bei nahezu null (0.04). Auch im bisherigen Jahresverlauf zeigt sich dieses Muster. Während der MSCI World per 28.04.2025 bei -1.5% liegt, verzeichnet Gold eine beeindruckende Jahresrendite von über 26% (beide Angaben in USD und die bei der MSCI World Rendite handelt es sich um den Total Return).


Dies verdeutlicht, dass eine Portfolioallokation in Gold insbesondere in Marktphasen mit erhöhter Volatilität oder Kursrückgängen sinnvoll ist. Aufgrund der nahezu fehlenden Korrelation zu Aktien entfaltet Gold einen starken Diversifikationseffekt, der sich in Korrekturphasen besonders vorteilhaft auswirkt. Anleger sollten jedoch beachten, dass sich Gold in bestimmten Phasen auch über mehrere Jahre seitwärts entwickeln kann.

Fazit

Insgesamt zeigt sich, dass Gold seinem Ruf als Inflationsschutz und Krisenabsicherung durchaus gerecht wird, auch wenn die Wirkung nicht in jeder Phase gleich stark ausfällt. Besonders in Zeiten grosser Unsicherheit und hoher Inflation kann Gold dem Portfolio Stabilität verleihen. Damit bleibt das Edelmetall auch heute ein relevantes Instrument zur Risikodiversifikation.


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