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AutorenbildTristan Leiter

Portfolio Management: Portfolio Rebalancing-Strategien

Ein gemischtes Portfolio aus 60% Aktien und 40% Obligationen (60/40 Portfolio) ist eine traditionell beliebte Wahl für den langfristigen Vermögensaufbau. Historisch gesehen weist es ein attraktives Rendite/Risikoprofil auf. Wenn sich Aktien schlecht entwickeln, wirken Obligationen stabilisierend und vice versa. Anlagejahre in denen beide Anlageklassen deutlich negative Renditen abwerfen (wie zum Beispiel 2022) stellen eher die Ausnahme als die Regel dar. Mithilfe von Indexprodukten kann ein 60/40 Portfolio kostengünstig umgesetzt werden. Langfristig ist es für aktives Management sehr schwierig (nach Kosten) eine Überrendite gegenüber dem 60/40 Portfolio zu erzielen. Reicht es somit, einmal zu investieren und das Portfolio einfach laufen zu lassen.  Ganz so einfach ist es dann doch nicht.


Durch den „Drift“ des Portfolios verschiebt sich die Gewichtung der einzelnen Anlageklassen im Zeitverlauf. Damit ist gemeint, dass sich die Gewichtung im Portfolio aufgrund der unterschiedlichen Wertentwicklung der Anlageklassen verändert. Um diesen Effekt zu veranschaulichen, haben wir eine Analyse über einen langen Zeitraum von 1971 bis 2023 durchgeführt. Zu Periodenbeginn haben wir eine exakte 60 zu 40 Aufteilung angenommen. Im Portfolio sind Schweizer Aktien und Obligationen enthalten. Die langfristig realisierte Risikoprämie von Aktien führt dazu, dass sich die Gewichtung von Aktien am Periodenende (2023) auf knapp 92% erhöht. Obligationen machen nur mehr 8% des Portfolios aus, wenn die Gewichtung im Zeitverlauf nicht angepasst wird.


Grafik 1: Aktiengewichtung eines Buy-and-Hold Portfolios im Zeitverlauf mit

einer anfänglichen Gewichtung von 60% Schweizer Aktien und 40%

Schweizer Obligationen.

Quelle: Bloomberg, SIX, Hinder Asset Management


Die steigende Aktienallokation führt dazu, dass sich das Risikoprofil des Portfolios ändert. In der langen Frist wird das Portfoliorisiko hauptsächlich durch das Aktienrisiko bestimmt. Das Risiko steigt kontinuierlich an, da die Aktiengewichtung Richtung 100% strebt. Es spiegelt damit nicht mehr das ursprüngliche Risikoprofil des 60/40-Portfolios wider. Um diese einseitige Allokation zu vermeiden, sollte ein Portfolio-Rebalancing durchgeführt werden. Dies bedeutet, dass das Gewicht der Anlageklasse innerhalb des Portfolios wieder auf die ursprüngliche (Stichwort: Strategische Allokation) oder taktische Allokation gesetzt, respektive an diese angenähert wird.


Renditemaximierung versus Risikokontrolle für ein „simples“ 60/40-Portfolio?


Durch ein „Zurücksetzen“ der Gewichtung auf die Zielquote arbeitet man aktiv gegen den Trend. Die Finanzmarktforschung hat gezeigt, dass die Preisentwicklung von Aktien, aber auch Obligationen von einem Trend (auch Momentum genannt) geprägt ist (Jegadeesh und Titman (1993), Daniel et al. (1998), Moskowitz et a. (2011), Asness et a. (2013) und viele weitere). Beispielsweise ist wissenschaftlich anerkannt, dass Aktien oft einen 1- bis 12-Monatstrend aufweisen, bis eine Trendumkehr stattfindet. Wenn also ein Rebalancing durchgeführt wird, wird dieser Trend unterbrochen respektive abgeschwächt.


Dabei ist es wichtig zu beachten, dass Rebalancing per se keine Outperformance generiert. Ein Rebalancing-Prozess, der eine Überrendite ermöglicht, müsste somit die zuvor beschriebene Trend- respektive die Trendumkehr der Preisentwicklung erfassen können. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn festgestellt würde, dass Aktienpreise nach einem Verlust von 4% wieder kurzfristig zu ihrem Mittelwert streben. Eine Rebalancing-Strategie, welche genau diese relative Abweichung erfasst, könnte systematisch eine Outperformance generieren. In der Praxis ist dies, wenn angenommen wird, dass keine oder mangelnde Prognosefähigkeit besteht, jedoch nicht möglich.


Rebalancing-Strategien


Es gibt unterschiedliche Ansätze wie ein solches Rebalancing durchgeführt werden kann. Der einfachste Ansatz besteht darin, dass in einem regelmässigen Zeitintervall (z.B. monatlich, quartalsweise oder jährlich) angepasst wird. Eine weitere Möglichkeit ist das Festlegen von Abweichungsbändern (beispielsweise bei einer relativen Abweichung von 10% wird die Aktienquote wieder zurückgesetzt). Auch anfallende Geldströme (Kapitalbezug oder Kapitalzuschuss) können so investiert werden, dass die Portfoliogewichtung wieder ausgeglichen wird.


Wir haben verschiedene Rebalancing-Methoden am Beispiel des 60/40-Portfolios mit Schweizer Aktien und Obligationen getestet. Im Zeitraum von 1971 bis 2023 hat ein solches Portfolio (ohne Rebalancing) eine Rendite von 3550% realisiert. Der Grossteil des Zugewinns geht auf die Kurssteigerung von Aktien (+5440%) zurück. Schweizer Obligationen entwickelten sich  mit einem Plus von 730% vergleichsweise bescheiden.


Grafik 2: Performance des Buy-and-Hold Portfolios (60/40) im Vergleich zu Schweizer Aktien und Obligationen im Zeitraum von 1971 bis Dezember 2023.

Quelle: Bloomberg, SIX, Hinder Asset Management


Die logarithmische Preisentwicklung zeigt, dass die beste Performance des Schweizer Aktienmarktes in den 1990er Jahren stattgefunden hat. Von 2000 bis 2010 waren die Zugewinne eher gering Deshalb wird diese Periode auch als verlorenes Jahrzehnt bezeichnet. Seit 2010 konnten Schweizer Aktien wieder stärker zulegen.


Grafik 3: Logarithmische Performance des Buy-and-Hold Portfolios (60/40) im Vergleich zu Schweizer Aktien und Obligationen im Zeitraum von 1971 bis Dezember 2023.


Quelle: Bloomberg, SIX, Hinder Asset Management


Mit Käufen und Verkäufen sind Kosten verbunden (Courtage, Geld-Brief-Spanne). In unserer Analyse haben wir Handelskosten von 10 Basispunkten resp. 0.1% pro Transaktion berücksichtigt. Nicht erfasst wurden die steuerlichen Auswirkungen der Transaktionen. Die Ergebnisse der historischen Analyse zeigen, dass „Buy-and-Hold“ (ohne Rebalancing) eine durchschnittliche, geometrische Rendite von 10,4% generiert hat. Durch die Volatilität von 16,4% ergibt sich ein Rendite/Risikoverhältnis von 0,64. Wichtig ist eszu erwähnen, dass die Buy-and-Hold Strategie eine durchschnittliche Aktienquote von 83,3% aufweist, also deutlich mehr Risiko beinhaltet als das ursprüngliche 60/40-Portfolio.


Grafik 4: Logarithmische Performance des Buy-and-Hold Portfolios (60/40) im

Vergleich zu verschiedenen (passiven) Rebalancing Strategien im Zeitraum

von 1971 bis Dezember 2023.


Quelle: Bloomberg, SIX, Hinder Asset Management


Die „beste“ Rebalancing-Strategie in diesem Testzeitraum ist jene mit einem jährlichem Rebalancing. Mit einer durchschnittlichen, geometrischen Rendite von 10% bei einer Volatilität von 12,5% ergibt sich ein Rendite/Risikoverhältnis von 0,8. Obwohl die Rendite um 40 Basispunkte tiefer ist als jene des Buy-and-Hold Portfolios erhält man mit dieser Strategie ein attraktiveres Rendite/Risikoverhältnis. Auch andere Risikomasse signalisieren das geringere Risiko des Portfolios mit jährlichem Rebalancing. So ist der maximale Drawdown mit -30,2% weniger ausgeprägt (vgl. Buy-and-Hold -46,5%). Ebenso ist der Expected-Shortfall (5%) mit 1,7% kleiner als jener des Portfolios ohne Rebalancing (-2,3%). Durch das jährliche Rebalancing beträgt die durchschnittliche Aktienquote nur noch 61,1% (und enthält somit 20% weniger Aktien als das Portfolio mit der höchsten Rendite).


Was wir lernen können - Konklusionen


Rebalancing ist keine Zauberformel um systematisch eine Überschuss-Rendite zu generieren. Jedoch ermöglicht eine Rebalancing-Strategie das gewünschte Risikoprofil einzuhalten und durch gut gewählte Zeitpunkte das Rendite/Risiko-Verhältnis zu verbessern. Ohne Rebalancing würde sich der Aktienanteil eines ursprünglich ausgeglichenen Portfolios laufend erhöhen und bei einer langen Anlageperiode gegen 100% streben. Der Diversifikationseffekt von Obligationen verschwindet damit langfristig.


Welche Erfahrungen haben Sie mit Rebalancing gemacht? Schreiben Sie uns Ihre Meinung.


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                                          Wir melden uns umgehend bei Ihnen.


 

Literaturverzeichnis


Asness, Clifford S., Tobias J. Moskowitz und Lasse Heje Pedersen (2013). “Value and Momentum everywhere.” In: The Journal of Finance 68.3, S. 929–985.


Daniel, Kent, David Hirshleifer und Avanidhar Subrahmanyam (1998). “Investor psychology and security market under- and overreactions.” In: The Journal of Finance 53.6, S. 1839–1885.


Granger, Nick, Douglas Greenig, Campbell R. Harvey, Sandy Rattray und David Zou (2014). “Rebalancing Risk”, Working Paper.


Jegadeesh, Narasimhan und Sheridan Titman (1993). “Returns to Buying Winners and Selling Losers: Implications for Stock Market Efficiency.” In: The Journal of Finance 48.1, S. 65–91.

The Journal of Finane 68.3, S. 929–985.

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